Und wieder etwas Neues für den Kopf,
in dieser Woche das wahrscheinlich dramatischste aller Modelle,
weniger aufregend als klassischer Sonnenhut bezeichnet.
Das Teil aufs Bild zu bekommen ist bei
dem Schirmumfang eine kleine Herausforderung.
Ehrlich gesagt bin ich von der Größe
des Huts ein bisschen schockiert, obwohl ich ja schon beim Erstellen
des Schnittmusters hätte erahnen können wie verdammt groß dieser
Hut ist.
Aber schön der Reihe nach.
Angefangen hat eigentlich alles mit dem
Stoff, der einmal ein Hemd war. Soweit nichts ungewöhnliches,
schließlich sind schon einige meiner Hutmodelle aus alten Hemden
entstanden, aber dieses Hemd war brandneu.
Gefunden habe ich das Hemd als ich
einen günstigen Taschenkalender für das kommende Jahr kaufen
wollte. Bei schlendern durch den Kleidungs-Discounter (*mehr zu
diesem oft diskutierten Thema im kommenden Absatz) hab ich zufällig
den Blick auf die reduzierten Männerhemden geworfen und diese
Schönheit entdeckt, zu einem lächerlich günstigen Preis.
Kleiner Exkurs zum Thema
Billig-Klamotten:
Ich weiß das es sich dabei um ein
intensiv und hitzig diskutiertes Thema handelt und möchte deshalb
gerne etwas anmerken, bevor ich die ersten Belehrungen und
Beschwerden über unverantwortliches Kaufverhalten erhalte. Ich bin
mir durchaus darüber im Klaren, dass es weder ökologisch, moralisch
noch langfristig ökonomisch vertretbar ist, eine
Discount-Bekleidungsindustrie zu unterstützen, bei der Umwelt und
Mensch, Erzeuger wie Kunde, auf verantwortungslose Art und Weise zu
schaden kommen (können). Deshalb orientiere ich mein
Konsumverhalten, nicht nur im Bezug auf Bekleidung, schrittweise
zu nachhaltigem und Ressourcen schonend Verbrauch und zu
verantwortungsbewussten Erzeugern und deren Produkten.
Gleichzeitig verbiete ich mir und
möchte ich mir ebenso von Anderen verbitten, den moralischen Finger
zu heben und herablassend zu urteilen, über die große Anzahl von
Menschen, die bei Discount-Geschäften einkaufen. Die unbedarft und
unaufgeklärt günstige Waren konsumieren, die billig kaufen, weil
teuer nicht drin ist und selbst diejenigen, die „Geiz einfach geil“
finden. Aufklären ist gut, solange man den richtigen Ton wählt,
aber vorschnelle Urteile bewirken oft nur eine Trotzreaktion die
keinem Hilft.
Eins noch, dann geht es zurück zum
eigentlichen Thema: Wer meinen Blog regelmäßig ließt weiß, dass
ich ein Fan vom Wiederverwerten von Stoffen und anderen Materialien
bin. Wer sich dazu entschließt mit „Recyclingmaterialien“ zu
arbeiten, der schont nicht nur Umwelt und Geldbeutel sondern zwingt
sich durch selbst auferlegte Begrenzung zu neuer Kreativität.
Das Hemd besteht zu 100 % aus
Baumwolle, Grundfarbe ist grau-blau und die Vorderseite des Stoffes
ist mit einem kleinen dunkelblauen Muster bedruckt. Da das Hemd in
der Herrengröße 51/52 also 5XL daherkam, wusste ich sofort, ich
würde versuchen den Sonnenhut daraus zu nähen.
Tatsächlich habe ich noch etwas von
dem Hemd übrig behalten, allerdings nicht genug um noch ein anderes
Projekt daraus zu nähen, plus ein Set Hemdknöpfe das umgehend in
meine Knopf-Sammlung gewandert ist.
Jetzt aber endlich zum Hut selbst. Das
bereits erwähnte Schnittmuster hab ich einmal im Außen- und für
den Futterstoff zugeschnitten, sowie eine Bügelvlies zum Versteifen.
Das Zusammensetzten der Krone ging
zügig und ohne große Schwierigkeiten, da ich eine fast identische
Krone schon für den Holzfäller-Hut genäht habe. Der Schirm war
ebenso schnell zusammengenäht, dafür hat aber das Absteppen eine
gefühlte Ewigkeit gedauert und fast eine ganze Garnrolle
verschlungen.
Die äußere Krone und den Schirm habe
ich zuerst zusammengesteckt und dann mit Handstichen geheftet, erst
danach hab ich die Naht mit der Maschine gearbeitet. Danach wurde die
Nahtzugabe in die Krone gebügelt, eingeknipt und von außen knapp
oberhalb der Ansatznaht angenäht. Als letzten Schritt habe ich das
Futter von Hand eingenäht, immer noch nicht sonderlich schön, aber
schon besser als bei meinen anderen Hüten.
Weil der Übergang zwischen Schirm und
Krone irgendwie komisch aussah, vielleicht wegen der Steppnaht zum
Fixieren des Futters, wollte ich noch ein Hutband anbringen. Zunächst
dachte ich an die vom ehemaligen Hemd getrennte Knopfleiste bzw.
Knopflochseite, aber diese Lösung hätte nicht genügend Kontrast
gehabt, um die Hutelemente optisch zu trennen.
Also hab ich erst einmal eine kurze
Pause eingelegt und drei Tage später dann einfach ein Stück Kordel
aus der Reste-Kiste genommen, es doppelt um den Kronenfuß gewickelt,
mit Sicherheitsnadeln zusammengesteckt, dann wieder vom Hut genommen
und mit Handstichen zusammengenäht.So erhält der Hut etwas
Maritimes.
Wie ich ja eingangs schon deutlich
gesagt habe, ist der Hut riesig. Die Krempe muss ganz schön hoch
aufgeschlagen werden, will man etwas sehen. Mir ist das mal wieder ein
bisschen zu viel Drama, dieser Hut braucht eine passende Gelegenheit
um präsentiert zu werden. Klar erfüllt er auch das
Schatten-Spende-Kriterium, er sitzt gut am Kopf und kann sich was die
Verarbeitung angeht sehen lassen. Das Bügelvlies macht die Krone im
Augenblick zwar noch ein bisschen zu steif, aber das sollte sich
durch ein paar mal Anziehen bessern.
Dieses Modell war mein heimlicher
Favorit und ich bin auch sehr glücklich mit meiner Ausführung, aber
unter praktischen Gesichtspunkten muss ich leider sagen, das der
Schirm einfach zu groß ist. Er könnte locker rundum 4 bis 5cm
kürzer ausfallen und wäre immer noch großzügig bemessen. Fast man
die beiden vorangegangenen Aussagen zusammen, kann das nur bedeuten,
dass ich den Hut irgendwann noch einmal mit geringerem Schirmumfang
nähen werde, dann vielleicht in schönen bunten Farben so wie auf
der Abbildung aus dem Buch Chapeau – 25 Nähprojekte für Hüte,
Mützen, Kopfschmuck und mehr (Edition, Michael Fischer).
So nun aber genug
von mir und meinen Kopfsachen, mal schauen was es heute so beim
Creadienstag zu bestaunen gibt.
Bis bald
Gruß
Sophie