Im Netz gibt es ja eine ganze Menge zu
lesen und das Meiste davon sogar gratis (vom Gutenberg Project über
Freebooks bis hin zu Fanfiction). Aber wenn man mal offline nach
Lesefutter sucht und gerade nicht die Möglichkeit hat eine
Bibliothek zu besuchen, dann gibt es nicht allzu viele Gelegenheiten
an gratis Bücher zu kommen.
Aber an ein paar Orten ist es eben doch
möglich. Bei mir in der Nähe gibt es so einen Platz, die
Telefonzelle.
Wie genau man diese Mini-Bibliothek
bezeichnen soll weiß ich nicht, aber es gibt diese und ähnlich
Plätze an immer mehr Orten, meist an frei zugänglichen Orten, in
Parks oder in Fußgängerzonen, gelegentlich auch in einem Cafe oder
in der Nähe von Schulzentren.
Immer sind es Wind und Wettergeschützte
Bereiche in denen man eine kleine bis größere Auswahl an freien
Büchern findet. Frei sind die Bücher deshalb, weil sie von ihren
ehemaligen Besitzern in die Welt entlassen worden sind, um ein neues
zu Hause zu finden und jemanden der sich an ihnen erfreuen möchte.
Einige der Bücher kommen sogar mit einem Verzeichnis ihrer
bisherigen Reiserute oder mit handgeschriebenen Anekdoten zum Buch,
verfasst durch den ehemaligen Eigentümer.
Wenn ich die Telefonzelle besuche, die
immer auch noch in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt werden
kann, dann ist das ein bisschen wie Weihnachten. Es gibt Lesestoff zu
entdecken über den man sonnst nie gestolpert wäre und immer habe
ich bisher ein oder auch zwei Bücher entdeckt, die ich unbedingt
mitnehmen wollte. Auch wenn das manchmal heißt eine halbe Stunde
lang die Regale Stück für Stück absuchen zu müssen und sich dabei
an den scheinbar immer präsenten Simmel-Werken und alten
Reader'sDigest- Ausgaben vorbei zu arbeiten.
Klar gibt es auch einige Bücher die
einfach keinen neuen Besitzer finden und nach einer unterschiedlich
bemessenen Gnadenfrist aussortiert werden. Ab und zu findet man auch
schon mal ein Buch dessen Zustand so beklagenswert ist, dass es in
den Papiermüll gehört, aber das sind doch eher die Ausnahmen.
Jahreszeitabhängig ist auch die Fülle
des Angebots, besonders deutlich zu beobachten im Frühjahr, wenn zu
Hause ausgemistet wird und man die Tür der Telefonzelle sich kaum
noch schließen lässt.
Wenn die Zeit zum Schmökern mal nicht
gegeben ist, dann greife ich auch schon mal nach einem beliebigen
Buch stopfe es quasi im Vorbeilaufen in die Handtasche und lasse mich
zuhause überraschen. Damit habe ich erstaunlich oft gute Erfahrungen
gemacht.
Und zwei mal im Jahr ist es dann an
mir, die Telefonzelle mit neuem Futter zu versorgen. Denn ein
ungeschriebenes Gesetzt fordert sie Nutzer der freien Bibliothek auf
die entliehenen Bücher zurück zu bringen oder aber durch andere
Werke zu ersetzten.
Seit einiger Zeit bringe ich meine
Bücher aber nicht mehr einfach so zur Zelle, sondern als Geschenk
verpackt und mit einem kleinen Hinweis versehen.
Wie genau es dazu gekommen ist kann ich
nicht mehr genau sagen, aber mir gefällt der Gedanke, das jemand ein
Buch mitnimmt ohne genau zu wissen was er oder sie da zu lesen
bekommen wird. Ein kleines Risiko eingehen und am Ende möglicherweise
etwas Neues für sich entdecken, im schlimmsten Fall an einer
Lese-Herausforderung wachsen (oder das Buch zurückbringen).
Bis jetzt habe ich noch nie eines
meiner befreiten Bücher wieder entdeckt, was ich als positives
Zeichen sehe und solange mir und den andern Nutzern der freien
Bibliothek die Bücher nicht ausgehen, werde ich wohl immer wieder
den Umweg zur Telefonzelle machen.
Gruß
Sophie