Seiten

Dienstag, 24. Januar 2017

Zwei Röcke auf dem Weg zum Ziel

Zum Beginn des Neuen Jahres habe ich zwar keine „guten Vorsätze“ formuliert, aber ich bin voller Tatendrang und Motivation selbst gesteckte Ziele zu erreichen. Eines dieser Ziele ist es, mehr Kleidungsstücke zu nähen als bislang. Ich möchte mich und mein bisschen Nähtalent herausfordern und im Idealfall meine Garderobe um ein paar selbstgemachte Teile ergänzen.

Zum Einstieg habe ich mir einen neuen Rock vorgenommen, beim Thema Röcke habe ich zwar schon ein bisschen Erfahrung, aber es erschien mir als gutes Anfangsprojekt und man kann ja auch noch einen Rock gebrauchen.
Auf dem Weg zu einem Rock, den ich aus einem ganz besonders lieb gewonnenen Stück Stoff nähen wollte, galt es zunächst ein Schnittmuster zu finden, das mir nicht nur gefallen sondern auch gut passen würde. Und dies führte zu der kleinen Odyssee die ich euch heute beschreiben will.

Rock Modell Nr.1
ist selbst konstruiert, nach einer kostenlosen Anleitung aus dem Internet, die ich hier nicht verlinke, da ich mit dem Ergebnis nicht wirklich zufrieden bin. Die Schnittbasis ist aus den drei Maßen Taillenweite, Hüftweite und frei wählbarer Rocklänge basierend. Durch Abnäher wird die Weite von Hüfte zu Taille reduziert, zusätzlich habe ich den Grundschnitt mit einer angeschnittenen Gehfalte und einem integrierten Taillenbund ergänzt.


 

Der Reißverschluss befindet sich mittig im Rückenteil, es ist ein nicht teilbarer Reißverschluss, den ich von Hand beidseitig der Naht unsichtbar angenäht habe. Darüber wird der Bund mit einem Knopf verschlossen.


Die Gehfalte habe ich nach Anleitung von Liselotte Kunder in „Schneidere selbst“ genäht, man kann von außen eine schräg verlaufende Sicherungsnaht sehen, die ich ehrlich gesagt schöner hätte nähen können. Auch ist die Gehfalte ziemlich breit geworden und durch die nur ganz geringe Reduzierung der Rockbreite Richtung Saum auch ohne echte Funktion, die Falte öffnet sich nur bei großen Ausfallschritten und beim Treppensteigen.



Der Stoff ist ein Reststück aus meinem Bestand und so gar nicht mein Geschmack, aber toll geeignet um saubere Musterübergänge an den Nähren des Rocks zu üben.



Genauso wie die anderen Rockzutaten stammt auch das cremefarbene Futter aus meinem Bestand und wurde mir nach der Hobbyaufgabe einer Bekannten, als Teil eines Konvoluts geschenkt. Das Verarbeiten des Stoffs war ein Albtraum! Selten habe ich so oft und heftig ein Stück Textil verflucht. Und nachdem es endlich bezwungen war, geschah gleich bei der ersten Anprobe des Rocks das unsäglich ärgerliche Ausreißen des Stoffs an den Nähten. JA, allen Nähten!


Bislang konnte ich mich einfach nicht dazu bringen, den Bund des Rocks noch mal auf zu trennen und das Futter durch etwas, das diesen Namen tatsächlich verdient, zu ersetzten. Was auch daran liegt, das dies wohl nicht die einzige Änderung wäre die ich am Rock vornehmen würde. Den besagter Bund gefällt mir im jetzigen Zustand nicht, er sitzt nicht straff genug in der Taille und auch ein bisschen zu hoch um wirklich meine natürliche Taille zu treffen. Das kann man glaube ich ganz gut auf den Bildern unten erkennen.



Die Abnäher im vorderen Rockteil sind nicht ideal positioniert, sie müssten Richtung vorderer Mitte verschoben werden und sollten vielleicht senkrecht ausgerichtet sein, damit das Karomuster nicht weniger verzerrt wird.


Zwei Dinge die mir gut gefallen sind der Saum, den ich zunächst mit einem Zickzack-Stich versäumt und dann von Hand mit einem unsichtbaren Saumstich (Hexen-Stich) angenäht habe.
Was sich bedauerlicherweise nicht besonders aussagekräftig hat fotografieren lassen.
Das zweite erfolgreiche Element ist in meinen Augen das aufeinander abgepasste Muster. Die Übergänge lassen sich an den Nahtkanten fast nicht erkennen.



Mit diesen ersten Eindrücken und Änderungsideen ging es also in die zweite Runde.


Rock Modell Nr2
ist ebenfalls selbst konstruiert. Dieses Mal jedoch habe ich mich weitgehend an die Konstruktionsangaben von Winifred Aldrich in „Metric pattern cutting for women's wear“ gehalten.


Weil das Musterangleichen beim ersten Versuch schon erfolgreich war, kam für Rock Nr. 2 Ein Stoff ohne Muster in Frage. Was genau das für ein Stoff ist, weiß ich gar nicht so recht zu beschreiben. Er fühlt sich weich und flauschig an, ist nicht stretchig (deshalb wohl auch kein feiner Stickstoff) und hat zwei unterschiedliche Farben. Nur kann ich leider nicht sagen was das für Faren sind, den in jedem Licht scheinen sie anders, mal schwarz und grün, dann wieder braun und gelb. Was meint Ihr?




Den Reißverschluss habe ich in die Seite gelegt, die Abnäher sind deutlich besser positioniert und auf eine Gehfalte habe ich ganz verzichtet.


Dafür ist der Rock gleich oben und unten ein Stück kürzer geworden. Um zu sehen wie mir ein Rock gefällt, der etwas tiefer als in Taillehöhe sitzt, habe ich die Taille einfach einen Zentimeter tiefer geschnitten und die Abnäher entsprechend nach unten verlegt.
Weil ich zudem mit Stoffknappheit konfrontiert war, wurde der Rock ein Stück kürzer als sein Vorgänger.

Da ich auf einen Bund verzichtet habe, ist das Futter (gekauft mit der Bezeichnung grüne Faschingsseide und wunderbar einfach zu verarbeiten) direkt an die Rockoberkante genäht.


Die Reduktion der Rockweite zum Saum hin habe ich erhöht, damit die Rockform mehr der nach unten verjüngten Form eines Bleistiftrocks ähnelt. Dabei habe ich auch darauf geachtet, dem angeschnittenen Saum genügend Weite zuzugeben, damit sich nach dem Umschlagen und Annähen des Saums kein faltiges oder gekräuseltes Bild ergibt.



Der Saum ist genauso wie beim ersten Roch erst versäubert, dann einfach nach innen umgeschlagen und mit einem Saumstich von Hand angenäht worden. Auf dem Bild unten kann man den Saumstich gut erkennen.


Der Sitz ist wie beim erst Rock nicht ideal, dieses mal macht der Rock mich durch seinen tiefen Sitz, fast auf dem Hüftknochen, breiter. Was mir nicht so zusagt und auch die angestrebte Bleistiftform ist noch nicht ganz so, wie ich es mir wünsche. Trotzdem ist der Rock tragbar, besonders mit bequemen und lang geschnittenen Oberteilen die ich über den Rock tragen kann.


Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus Modell Nr. 2 war ich dann endlich so weit mit mich an den eigentlichen Schnitt und Stoff für meinen „ultimativen“ eng anliegenden Rock heranzuwagen.
Wie es mir damit ergangen ist und was dabei herausgekommen ist, das stelle ich euch Morgen vor in einem separaten Post. Der fast schon epischen Wortumfang besitzt, seit gewarnt.


Für jetzt geht es wie gewohnt erst einmal zurück zum Creadienstag und all den tollen Beiträgen der anderen Teilnehmer.

Lieben Gruß
Bis bald
Sophie

Dienstag, 17. Januar 2017

Kopfsache - selbstgenähte Hüte und Mützen Teil 10

Es stehen noch ein paar meiner Hutprojekte aus, aber mit dem Abschluss dieses Modells befinde ich mich so zu sagen auf der Zielgeraden.
Lange hab ich gewartet um mich mit einem oder gar beiden der im Buch „Chapeau – 25 Nähprojekte für Hüte, Mützen, Kopfschmuck und mehr (Edition, Michael Fischer)“ vorgestellten Fascinator zu beschäftigen. Das lag zum Einen daran, dass mir die beiden Modelle nicht so richtig gefallen haben und zum Anderen an den vorgeschlagenen Materialien. Also habe ich lange hin und her überlegt ob ich in besagte Materialien investieren soll und wie ich die Idee hinter den Modellen für mich umsetzten kann.
Herausgekommen ist eine Kombination der Fascinator-Modelle und eine günstigere kreative Materialzusammenstellung.


Beim ersten Modell arbeitet man mit einer Hutbasis aus Steifleinen, welche man mit dem Modestoff bezieht und durch dekorative Elemente schmückt. Für den mit Tüll bestückten Fascinator soll man eine fertige Strohbasis verwenden. Weil Steifleinen oder eine Strohbasis nicht so einfach zu bekommen sind, jedenfalls wenn man keine erheblichen Kompromisse bei Qualität und/ oder Preis machen möchte, habe ich auf einen alten Trick zurückgegriffen, den ich schon bei so manchem Kostüm-Hut für Fasching / Karneval verwendet habe.
Jedes Jahr nachdem die närrische Zeit vorbei ist, kann man günstig an Kostüme und die dazugehörigen Hüte kommen. Und genau auf diese Hüte habe ich es abgesehen, sie bestehen aus einer Art Filz der über einem Hutblock in Form gepresst wurde, das Material hat genug Steifigkeit, lässt sich leicht zuschneiden und es lässt sich eine Nähnadel durchstechen, damit ist es ideal für meine Hutbasis.



Die knallrote Basis ist aus einem Mini-Clown-Hut entstanden, der schon ein bisschen länger in der Bastelkiste liegt und auch sonst habe ich nur Restmaterialien für das gesamte Projekt verwendet so das ich nichts für den neuen Fascinator bezahlt habe.


Die Basis habe ich zunächst mit einem Futterstoff aus Acryl in dunklem glänzenden Grau bezogen, dazu habe ich den Stoff einfach um die Basis gespannt, mit ein paar Stecknadeln fest gesteckt und dann mit einem Zwirn entlang der Kante umläufig fest genäht.


Dann habe ich die Kante mit einem Band versäubert, dass ich zunächst von außen angenäht dann um die Kante geschlagen und von innen zusammen mit dem Futter vernäht habe. Vielleicht wäre es besser gewesen erst das Futter von innen zu heften und dann das Band als Saum einzusetzen. Das Futter ist ein Reststoff dem ich vier kleine Abnäher gegeben habe, damit er sich nach innen wölbt. Theoretisch ganz gut praktisch könnte die Umsetzung besser sein, aber da man den Hut ja nur selten von unten sieht, kann ich mich mit dem unebenen Bild im Futter abfinden. Als Saumkante wäre ein Schrägband oder vielleicht sogar ein Samt-Band schön gewesen, aber ich wollte ja nur Materialien aus meinem Bestand verwenden und da kam mir dieses seltsame Band gerade recht.


Nach ein bisschen ausprobieren, wie die Basis am Ende auf dem Kopf platziert werden soll, habe ich dann zunächst einen Haarkamm am Futter angenäht. Weil der Fascinator auch beim närrischen Feiern sicher auf dem Kopf bleiben soll, habe ich zusätzlich ein Hutgummi eingenäht, das man je nach Bedarf auch einfach unter der Basis verstecken kann.


So weit so gut, jetzt konnte ich endlich mit dem spaßigen Teil, der Dekoration des Fascinators, beginnen. Dazu habe ich mich am Tüll-Fascinator aus dem Buch orientiert, zwar hatte ich keinen Tüll mehr im Haus, aber noch jede Menge Deko-Organza. Der wurde erst gebügelt (unter einem Baumwolltuch), gefaltet und schließlich in Kreisform zugeschnitten. Einfach eine Kuchenteller und eine Untertasse auf den Stoff legen und vorsichtig mit dem Rollschneider rundum ausgeschneiden, schon ist die Dekoration fertig, na ja fast.


Die Kreise sind einzeln und nach belieben gefaltet und auf der Hutbasis festgesteckt. Als ich mit dem Design zufrieden war, kamen wieder Nadel und Faden zum Einsatz, mit denen ich die Organza-Elemente möglichst unsichtbar auf der Hutbasis festgenäht habe. Dabei habe ich darauf geachtet, nicht durch das Futter sondern nur durch Obermaterial und die Basis zu nähen.

 
Und dann war es vollbracht, ein neuer Mini-Hut für die Kostümkiste. Das Ergebnis ist vollkommen okay, der Fascinator ist sicherlich nicht für einen Auftritt beim Pferderennen oder in der Oper geeignet, aber genau das Richtige, um ein Kostüm zu vervollständigen oder für einen Party-Abend.



Um euch zu zeigen, was man sonst noch aus den billigen Faschings-Hüten machen kann, habe ich zwei meiner ersten Modelle herausgesucht:

Einen Pillbox-Hut in schwarz, den ich als „schwarze Witwe“ getragen habe. Der passende Trauerschleier fehlt leider schon, da ich das Material in einem anderen Projekt verarbeitet habe.


Mein erster selbstgemachter Karnevals-Hut, ein Art breites Schiffchen, das ich als Stewardess mit farblich passendem Kleid im 60er Jahre Stil getragen habe.


Jetzt widme ich mich dem Endspurt zu meinem Hut-Projekt und versuche die restlichen Modelle möglichst schnell von meiner To-Do-List streichen zu können.
Euch schicke ich aber erst einmal zurück zum Creadienstag und all den tollen Sachen die man auch in dieser Woche wieder bestaunen kann.

Bis Bald
Gruß
Sophie

Dienstag, 10. Januar 2017

Nähstuhl Teil02


Seit dem letzten Bericht zu meinem Nähstuhl-Projekt hat sich einiges getan. Optisch hat sich der Stuhl, oder besser gesagt die Einzelteile des Stuhls, erneut drastisch verändert.

So hat der zum letzten Zwischenstand ausgesehen:







Zum damaligen Zeitpunkt war noch nicht sicher wie es mit dem Stuhl weiter gehen sollte. Jetzt ist das Holz erst einmal in einem dunklen Nussbaum-Ton mittels wasserlöslicher Beize gefärbt worden.

Die Entscheidung hierzu fiel im Baumarkt, nach ca. 30 Minuten in denen gleich zwei Baumarktmitarbeiter und ein anderer Kunde mit mir über Vor- und Nachteile von beizen, lasieren und Lackieren diskutiert hatten. Männer sind im Baumarkt immer so hilfsbereit und unheimlich fachkundig. ;)

Vielleicht liegt es daran, dass ich häufiger als andere nach Pfostenschuhen, PU-Schaum, Fliesenkleber, Bit-Set für den Akku-Schrauber oder auch mal nach einer Abisolierzange suche (zwar meist nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil der Mann im Haus werkeln will und selbst den Baumarktbesuch hasst scheut), es findet sich immer jemand der Helfen will, ganz besonders dann wenn man eigentlich keine Hilfe braucht. Denn ab und zu weiß ich eben doch was ich da suche, wofür es verwendet und wie es eingesetzt wird, trotzdem vielen Dank meine Herren. Die Gute Nachricht an alle Damen lautet, es gibt sie noch die Gentleman, sie verstecken sich im Baumarkt. Machen dort aber unglücklicher Weise einen Bogen um die Gartenabteilung, wo frau dann doch alleine vier Zentner Buntkies in 25kg-Säcken auf den Einkaufswagen wuchten muss.



Zurück zur Sache, erst galt es die Beize mit Wasser anzugießen und dann auf einem Probestück verschiedene Methoden zum Auftrag zu testen.






Die Probe hatte ich erst trocknen lassen und dann auch noch mit Klarlack versiegelt, um ein möglichst genaues Enderergebniss abschätzen zu können. Letztlich habe ich aber beide getesteten Methoden, Pinsel- und Rollenauftrag, verworfen und die Beize mit einem getränkten, fusselfreien Baumwolltuch aufgebracht und den Überschuss mit einem Haushaltsschwamm abgenommen habe. Ging schneller und sah besser aus:



 
Nach dem ersten Auftrag konnte man schon einen enormen Unterschied erkennen, aber weil vor dem Lackieren ein nochmaliges Anschleifen notwendig war, mussten nach einem Tag Wartezeit alle Teile noch einmal gebeizt werden, damit die Farbe an allen Stellen tiief genug ins Holz dringen konnte.


Hier Bilder zum Vergleich, nach dem ersten Beizen:


Nach dem zweiten Beizen und einem Anschliff:

Der Stuhl ist deutlich dunkler als zuvor, aber mir gefällt die Farbe so ganz gut.

Jetzt fehlte also noch der Klarlack und die Entscheidung der Frage: Erst den Stuhl zusammensetzen, dann lackieren oder doch besser anders herum?

Im Augenblick tendiere ich dazu erst die einzelnen Elemente zu lackieren, so komme ich einfacher auch an die schwierigen Ecken, dann darf aber mit dem Holzleim beim Zusammensetzen nichts daneben gehen und das ist nicht gerade meine Stärke. Aber ich bin motiviert mich meiner Kleber und Leim-Phobie zu stellen. Traumatische Kindheitserlebnisse mit Decoupage-Kleber im Haar und nicht minder verstörende Erfahrung beim Tapezieren sollen mich nicht stoppen.





Wie ich mich dabei so schlage und was unweigerlich alles schief geht, könnt ihr dann im nächsten Teil zum Nähstuhl-Projekt lesen.

Verlinkt wird der Post wie immer bei Creadienstag.



Bis Bald

Gruß

Sophie

Dienstag, 3. Januar 2017

Nähstuhl Teil01


Wilkommen auf Schlehenwald im neuen Jahr 2017. Gleich zu Beginn diesen Jahres soll es hier ein paar visuelle Veränderungen geben, das Blogdesign braucht dringend eine Überarbeitung. Weil es aber noch ein bisschen dauern wird bis ich mich mit Photoshop vertraut gemacht habe und einen neuen Header usw gebastelt habe, stelle ich hier erst einmal ein ganz neues Projekt vor.

Zu Beginn letzten Jahres bin ich unerwartet zu einem neuen Nähstuhl gekommen. Bis dahin hatte ich immer einen alten Bürostuhl zum Nähen benutzt, der noch aus Schulzeiten stammte und eigentlich ein bisschen zu niedrig war. Dann begegnete mir besagter neuer Nähstuhl. Wobei „neu“ ganz sicher nicht das richtige Wort ist. Der simple Holzstuhl stammt aus dem Haus meiner Großeltern und stand dort so lange ich mich zurück erinnern kann in einem Gästezimmer.





Zunächst wollte ich mich gar nicht für den Stuhl erwärmen, denn ehrlich gesagt, war er ziemlich herunter gewohnt und nicht mehr besonders stabil. Auf dem Bild unten kann man schön sehen, wie weit die Verstrebungen aus dem Leim heraus gegangen sind.






Erst beim genaueren Betrachten fand ich doch einen Grund dem Stuhl eine Chance zu geben und ihn vor dem Sperrmüll zu bewahren. Unterhalb der abnehmbaren Sitzfläche, auf der Stuhlinnenseite fanden sich gleich zwei teilweise erhaltene Aufkleber die mein Interesse weckten. Eine der Etiketten bietet die Information, dass der Stuhl in einer speziellen Stuhlfabrik gefertigt worden ist und zu einer Stuhlserie gehört, die eine Auflagehöhe von über 300 Stück hatte. Leider lässt sich nicht die genaue Stuhlnummer feststellen, da ich nur die erste der drei Zahlen eindeutig identifizieren kann. Auf dem zweiten Schild kann man handschriftlich Eintragungen sehen, die ich bis auf ein Wort noch nicht entziffern kann, vielleicht kann mir Mutti dabei noch helfen.





Der eigentliche Grund für die Rettung des Stuhls ist aber eine Bleistifteintragung, diese lautet „Jos. Christian“, Josef Christian war mein Ur-Ur-Großvater mütterlicherseits und hat von 1873-1948 gelebt.

Mit dem Wissen konnte ich den Stuhl wirklich nicht aufgeben und so wanderte er mangels Platz erst einmal in meinen Keller. Nach ein paar Wochen im Keller bekam der Stuhl dann aber doch etwas unerwartet einen Platz, nämlich den des alten Nähstuhls, welcher leider beschlossen hatte noch weiter in sich zusammen zu sinken.





Eigentlich sollte der Holzstuhl vorab aufpolieret und stabilisiert werden, aber wie das eben manchmal so ist, habe ich die letzten zehn Monate auf einem ziemlich wackligen und angegriffenen Stuhl von vor ca. 115 Jahren gesessen. Bequem ist er und das Rollen des alten Bürostuhls hab ich auch nicht lange vermisst. Ich hab sogar das Gefühl gerader zu sitzen und dadurch länger nähen zu können.



Nun endlich ist aber doch die Zeit gekommen, dem Stuhl ein bisschen Liebe und einen neuen Anstich zugute kommen zu lassen. Zuvor musste das gute Stück aber erst einmal komplett auseinander genommen werden.






Und anstatt mit Ablauger oder Abbeize die zwei Schichten Lack zu entfernen habe ich mich dazu entschlossen den Stuhl einfach ab zu schleifen. Natürlich habe ich die Stellen mit den Etiketten und die Namenseintragung unberührt gelassen, unter der Sitzfläche sieht man das sowieso nicht. Das Schleifen an sich ging auch recht zügig, da ich einen Elektroschleifer verwendet und nur die kleinen Ecken mit der Hand bearbeitet habe. Allerdings bedeutet schleifen auch immer eine riesige Schweinerei, wegen des sehr feinen Staubes. Mundschutz und Brille sind unbedingt empfehlenswert, außerdem sollte man nach Möglichkeit im Freien arbeiten - was ich natürlich nicht getan hab und weshalb ich zwei Tage lang putzen musste.



Der Vergleich Vorher und Nachher:




 

Das Ergebnis ist nicht perfekt, man kann Farbunterschiede im Holz erkennen und an den ganz kleinen Kanten kann man immer noch ein wenig von der alten Farbe sehen, aber der Stuhl soll ja wieder eine dunkle Farbe bekommen, also ist das nicht so schlimm.




Wie genau es mit dem Stuhl jetzt weiter geht, das weiß ich noch nicht, denn erst muss noch entschieden werden ob der Stuhl gelackt oder lasiert werden soll.

Auch hab ich mir noch nicht überlegt was mit der Sitzfläche passieren soll, da das Holz so gebogen und von unten auch angegriffen ist, das ich es nicht mit dem Elektroschleifer oder einem Schleifblock bearbeiten will, aus Angst es zu zerbrechen. Vielleicht kann ich eine neue Platte anfertigen (lassen) oder verwende die Platte erst einmal so wie sie ist weiter. Für Ideen und Lösungsvorschläge bin ich übrigens offen.



Ach ja, als Nähstuhl verwende ich im Augenblick übrigens einen Küchenstuhl, den ich immer die Treppe nach oben und wieder zurück tragen muss, ich bin also doppelt motiviert den Nähstuhl möglichst bald wieder zusammensetzen und nutzen zu können.



Jetzt schicke ich euch aber erst zurück zum Creadienstag, um die Beiträge der anderen Teilnehmer zu bestaunen.



Bis bald, Gruß

Sophie